Internationale Poetry-Biennale  -  Filmfestival  -  Salon  -  Netzwerk

Wien - Freitag, 28. Oktober, 19 Uhr

 


Jurgita Jasponytė
(Litauen / Lithuania)

Festival Focus Litauen / Lithuania

Jurgita Jasponytė geb. 1981 in Zarasai/Litauen, studierte in Vilnius Pädagogik und Litauische Philologie. Sie ist Mutter zweier Töchter (Ugne und Jūre Jotvile) und arbeitet als Bibliothekarin.

Mit ihrer Gedichtsammlung Šaltupė (das ist der Name einer Straße in Zarasai und bedeutet „kalter Fluss“) gewann sie den Preis für das beste erste Buch der Litauischen Schriftstellervereinigung und den Zigmas Gėlė Preis für das beste Lyrikdebüt. Ihr zweiter Gedichtband Vartai Auštriejį (The Sharp Gates of Dawn) erschien 2019 und wurde mit dem Vladas Šlaitas Preis und dem Vilnius Mayor Prize für Gedichte über Vilnius ausgezeichnet.

Jurgita Jasponytė was born in 1981 in Zarasai. She began her studies at Vilnius Pedagogical University in 1999 and went on to receive a BA in Lithuanian philology and an MA in literature. She works as a librarian, raising her daughters Ugne and Jūre Jotvile.

Her poetry collection Šaltupė (the name of a Zarasai street, meaning “cold river”) won the Lithuanian Writer’s Union First Book Contest. In 2015, she won the Zigmas Gėlė Prize for best poetic debut. Her second poetry collection Vartai Auštriejį (The Sharp Gates of Dawn) was published in 2019 and was awarded Vladas Šlaitas Prize and also Vilnius Mayor Prize for poems about Vilnius.

Foto Gediminas-Kajėnas

Žemės užžavėjimas. Per jaunatį 

                                            Sidabro lakiūtė,
                                            Sidabro.

1.
Kaip kas kviestų
kas šauktų
kaip šiaurėn
būtų nutiestos pradalgių kryptys
būtų žemės mintis pažadinta ir žinotum
kokius veiksmus
atlikti.
Šalty stingsta ir lūžta siūlas –
virkščia įgemančio mėnesio.

2.
Pavargau ištylėt
išsakyti
reikia greitai
kol beriama sėkla
žodžiais
žemė tampa tada užžavėta
ir neleist gyvasties
nebegali
ir apglėbia delnais šaknis
ima viską
paviršiun kelti
kol mane valo savęs atsisakymas
kol baimės akys mane išbando.

3.
Ir apsaugoki mus nuo liūties
daugiau žadančios
negu mums reikia
duok pakankamai burnų
jeigu lakių per lauką
ant mūsų paleidai
žinau, kad esi man motina
kad mano kojos tavin įsmigę
per amžius
ir atotrūkį
vėl virtimas tavimi
neišvengiamai žada
žinau, kad mylim tave
net ne už tai
kad maldas išklausai
ir derlium mus dovanoji
bet kad nesiliauji maitint
ir negarbinančią tavęs burną
nesuprantančią net
kas ir iš kur
ta gyvybė –
tavo besąlygiškumas
yra tobuliausia teisybės forma.
Tebūnie dangus
mums per lietų.

4.
Šalty stingsta ir lūžta siūlas –
virkštelė, jungianti žemę
su rausvu ryto mėnesiu –
skydu
saugančiu mus
kurs iš vakaro įgema
nuogas.

Lakius – javų derlius; grūdų lėkimas vėtant.

Die Verzauberung der Erde. Bei Neumond

                                            Sidabro lakiūtė,
                                            Sidabro.

1.
Als lüde dich jemand ein
als riefe dich einer
als ob gen Norden
verliefen die Schwaden des Strohs
der Gedanke der Erde geweckt wäre
und du wüsstest
was genau du zu tun hast.
Vor Kälte starr bricht ein Faden --
die Nabelschnur des geboren werdenden Mondes.

2.
Ich bin es müde zu schweigen
muss es sagen
ganz schnell
solange der Samen gestreut wird
mit Worten
die Erde verzaubert sich dann
und kann nicht anders
als Leben wachsen zu lassen
sie umfasst die Wurzeln mit Händen
beginnt alles
emporzuheben
solange mich reinigt die Selbstentsagung
solange die Augen des Schreckens mich prüfen.

3.
Und behüte uns vor dem Regenguss
der mehr verspricht
als wir brauchen
gib uns Mäuler genug
wenn du die Frucht über die Felder
auf uns loslässt
ich weiß, du bist mir Mutter
meine Beine stecken tief in dir fest
für immer und ewig
und Loslösung
verspricht unvermeidlich
das neuerliche Werden zu dir
ich weiß, dass wir dich lieben
und das nicht einmal
weil du die Gebete erhörst
und uns eine Ernte schenkst
sondern weil du nicht aufhörst zu nähren
selbst den Mund, der dich nicht ehrt
der nicht zu begreifen vermag
was es ist und woher es kommt
dieses Leben --
deine Bedingungslosigkeit
ist die vollkommenste Form der Gerechtigkeit.
Möge der Himmel mit uns sein
während es regnet.

4.
Vor Kälte starr bricht ein Faden --
die Nabelschnur, die die Erde verbindet
mit dem rosa Mond des Morgens --
mit dem Schild
der uns beschützt
am Vorabend geboren
nackt.

 

Vertė / Übersetzung Markus Roduner