Internationale Poetry-Biennale  -  Filmfestival  -  Salon  -  Netzwerk

Samstag, 5. November, 18 Uhr

 


Miljana Cunta
(Slowenien / Slovenia)

Festival Focus Slowenien / Slovenia

Miljana Cunta wurde 1976 in Šempeter pri Gorici geboren und zog 1995 nach Ljubljana. Sie hat drei Gedichtsammlungen verfasst: Zur Hälfte des Himmels (Za pol neba), 2010, Tagesgedichte (Pesmi dneva), 2014 (erscheint in deutscher Übersetzung 2022 bei Edition Thanhäuser), und Licht von Draußen (Svetloba od zunaj) 2018), die für die wichtigsten slowenischen Poesiepreise in die engere Wahl kamen. Ihre Bücher und ausgewählte Gedichte wurden in acht Sprachen übersetzt.

Miljana war Redakteurin und Kulturmanagerin und Programmdirektorin des Vilenica Festivals. Sie übersetzt Gedichte aus dem Englischen und Italienischen (u.a. Christina Rossetti, Denise Levertov, Alda Merini, Patrizia Cavalli) und unterrichtet derzeit Kurse für kreatives Schreiben.

Miljana Cunta was born in Šempeter pri Gorici in 1976 and moved to Ljubljana in 1995. She has written three collections of poems: Half of Heaven (Za pol neba), 2010, Daily Poems (Pesmi dneva), 2014 (to be published in German translation in 2022 by Edition Thanhäuser), and Light from Outside (Svetloba od zunaj) 2018), shortlisted for the most important Slovenian poetry prizes. Her books and selected poems have been translated into eight languages.

Miljana was the editor and cultural manager and program director of the Vilenica Festival. She translates poetry from English and Italian (including Christina Rossetti, Denise Levertov, Alda Merini, Patrizia Cavalli) and currently teaches creative writing courses.

Matej Povše

 

Aus: Tagesgedichte

21:00
Pižama naj bo zlikana na črto, brisače naj bodo prepognjene na pol, posteljno pregrinjalo naj diši po vetru, ko piha z ravno pravšnjo močjo, zavese naj skrivajo razkrito, naj se vidi urejeno razkošje stare gospe in naj se ne vidi – ko rezilo likalnika prestreže neukročenost, ko dlan prekine spomladanski ples perila, ko prst potegne po zgodbi iz ravno prav velikih črk in pusti za sabo temno rdečo sled neznatnega mrčesa; ko se pred oknom ustopi neobrezana češnja. In soba zatisne oči ... S temo pride tista misel, da bodo telesa s fotografij stopila čez rob okvirja in prišla gret svoja premražena stopala v najino posteljo. Vse nas je zeblo, ko smo bili majhni, boš spet rekla na pragu sanj, ko bom že do gležnjev v ledeni Soči, ki je lepa in me ne mara, in se ne bom več mogla premakniti.

 

3:00
Za vsakim vogalom me pričaka soba. Gleda me kot tujca, gleda me iz pozabe, kot da si nikdar nisva delili noči. Ne iščem oken, vrat, le vstopim, ko dan pripre oči. Skozi stene, stanjšane ali masivne, načete ali pravkar zgrajene, dvignjene v obrambi ali pritihotapljene iz poezije, poraščene  od čakanja ali plesnive od umika, bahave in na pravem mestu ali dvignjene na oskrunjenih prostranstvih, se vračam. Ko vstopim, sten več ni.

21:00 Uhr

Pyjamas soll man auf Kante bügeln, Handtücher genau in der Mitte falten, der Bettübewurf soll nach Wind riechen, wenn der gerade in richtiger Stärke weht, Vorhänge das Entblößte verbergen, damit man den geordneten Luxus der alten Frau sieht und eben nicht, dass die Schneide des Bügeleisens die Unbeugsamkeit einfängt, wenn die Hand den frühlingshaften Tanz der Wäsche unterbricht, wenn der Finger über die Geschichte aus gerade genug großen Buchstaben streicht und eine dunkelrote Spur hinterläßt des zerdrückten Insektes; wenn vor dem Fenster sich eine unbeschnittene Kirsche emporreckt. Und das Zimmer die Augen schließt … Mit der Dunkelheit kommt der Gedanke, dass die Körper aus ihren Fotos über den Rahmen hinaustreten und kommen, um ihre verfrorenen Füße in unserem Bett aufzuwärmen. Wir alle froren, als wir klein waren, wirst du wieder an der Schwelle der Träume sagen, wenn ich schon bis zu den Knöcheln im eisigen Isonzo stehe, der schön ist und mich nicht mag, und ich mich nicht mehr rühren kann.

 

3:00 Uhr

Hinter jeder Ecke wartet ein Zimmer auf mich. Es schaut mich an wie eine Fremde, schaut mich an aus der Vergessenheit, als ob wir uns nie die Nacht geteilt hätten. Ich suche nicht nach Fenstern, Türen, ich trete nur ein, wenn der Tag die Augen fast schließt. Durch die Wände, schmaler geworden oder massiv, angegriffen oder gerade erbaut, errichtet in Abwehr oder aus der Poesie hineingeschmuggelt, bewachsen vom Warten oder schimmelig von der Abkehr, angeberisch und auf dem richtigen Platz oder erhoben über geschändete Weiten, so kehre ich zurück. Wenn ich eintrete, gibt es die Wände nicht mehr.

 

Übersetzt von Matthias Göritz und Amalija Maček
© KUD Logos 2014, 2021