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Najet Adouani
Festival Focus Writers in Exile - PEN Germany
Die tunesische Dichterin, Schriftstellerin und Journalistin Najet Adouani ist eine kritische Autorin, die sich für Freiheit, Frieden und die Rechte von Frauen einsetzt. Frühe Erfahrungen mit der Gewalt des totalitären tunesischen Regimes prägten sie und politisierten ihre Arbeit. Sie schrieb für verschiedene oppositionelle Zeitungen, wurde mehrfach bedroht und durfte nicht mehr veröffentlichen.
2012 floh sie ins Exil nach Deutschland, musste dabei ihre drei erwachsenen Söhne zurücklassen. Von 2013-16 war sie Gast des Writers in Exile-Programms.
Adouani veröffentlichte sieben Lyrikbände und eine Sammlung von Kurzgeschichten auf Arabisch, ihre Gedichte wurden ins Englische, Französische, Spanische und Hindi übersetzt.
Zuletzt erschienen: Vulkanworte auf dem Leib aus Schnee, Hrsg. PEN-Zentrum Deutschland, Assoverlag 2021.
Tunisian poet, writer and journalist Najet Adouani is a critical author advocating freedom, peace and women's rights. Early experiences of the violence of the totalitarian Tunisian regime shaped her and politicized her work. She wrote for various opposition newspapers, was threatened several times and was no longer allowed to publish.
In 2012 she fled into exile in Germany, leaving her three adult sons behind. From 2013-16 she was a guest of the Writers in Exile programme of PEN Germany.
Adouani has published seven volumes of poetry and a collection of short stories in Arabic, and her poetry has been translated into English, French, Spanish and Hindi.
Recently published: Vulkanworte auf dem Leib aus Schnee (Volcanic words on the snow body), ed. PEN Center Germany, Assoverlag 2021.
Hätt ich doch Flügel
Hätte ich doch nur Flügel
Flügel wie Engel sie haben
dann könnte ich fliegen weit über Meere und Flüsse Berge und Wüsten
Ich bitte meine Seele dass sie mir ihre Flammen leiht ich brauch sie nur für eine kurze Weile
ich möchte gehn in meiner eigenen Glut
Ich möchte starke Flügel haben
stärker als Vogelflügel sind
ich brauche Flügel weit und endlos wie der Raum und lang wie die Geschichte
Ja hätte ich doch Flügel gemacht aus Lehm und Feuer Purpur und Gold Silber und Zinn
Eisen und Diamanten
Flügel schwer und leicht zugleich
Ich möchte Flügel haben weit übers Universum
mich zu spannen
dass allerorten ich könnt ein Laib Brot sein in der Hand von einem kleinen Kind das Hunger hat
ein Taschentuch die Tränen abzuwischen einem Kind das trauert
ein Lächeln die nächtliche Angst zu brechen
ein Gesang eines verirrten Beduinen
der für eine Friedenskarawane singt
Aus dem Gedichtband: "Vulkanwort auf dem Leib aus Schnee" 2021
aus dem Englischen von Christa Schuenke
I wish I had wings
I only wish I had wings
With wings like those of the angels
that I can fly over seas and rivers
hills and deserts
I ask my soul to lend me her flames
I need that only for a short while
I want to walk in that glow for me
I wish to have powerful wings
stronger than the wings of birds
I need wings as vast as infinite space
as long as history
Yes I wish I had wings made out of clay and fire
purple and gold silver and tin
iron and diamonds
such wings which are heavy and light
I wish to have wings to suspend me over the universe
in which I can be everywhere a loaf of bread in the hand of a starved infant
a handkerchief wipes of tears from a bereaved child
a smile breaks night’s fear
a hymn of a lost Bedouin
entertains a peace caravan
أرفض النحناء
بكت الرض رجال
صنعوا من صلصالهم
تماثيل للسلطين
طرقوا الحديد
كي يكون سيوف
ا تحصد رقابهم
حين ترفض النحناء.
كم أكره التاريخ
المحمل برائحة المبراطوريات
قالت.
منذ ولدتي الولى
علمتني جدتي البربرية
الحصاء.
فكنت أحصي أصابع اليدين
والقدمين
أخيط المسافات
فأرى أجدادي يلل حوحون
بأك حفمبتورةالنامل
قضمت أصابعها
جرذان قصر الباي
عندما رفضوا
دفع الجزية.
بأياد مش حوهة
واصلوا غ سرس النخيل
وها أنا بعد أن أورثوني
عصيانهم
أضع سبابتي بين أسناني
حتى ل أنسى وصاياهم.
أمي تغسل وجهها كل يوم
بعدد صلواتها.
لكن الوشم الموغل في العظام
يزداد اخضرارا.
تدعو ا أن يسترها
في الدنيا والخرة
فتتمزق ملءتها
عن وجع قديم.
اببرة الوشام
تنفذ إلى روحها المكبلة.
على جبينها أقرأ
أسماء كل الموؤودات.
أمي التي
حنطوها قبل الموت
تبتسم إلى يمينها وتسل
تلعن على يسارها وتدمدم
ترفع رأسها إلى السما
"وتقول "آمين
فينزل المطر.
تخطيت الربعين
ولم أتخلص من عادة الحصاء.
فأنا أحصي أحبحتي
فل أجدهم،
أحصي ثروتي
فتتبدد قبل
أن تصل كفي،
أم بنحي النفس بأمل يلوح
فتنبح على رغباتي الخيبات.
لم أفكر أبدا
أن أحصي عناكبا
تتسلق أحلمي
تتشكل في فضاء الروح
محرقة داخلها تنتحر براءتي.
ها أنا أحصي على أطراف أصابعي
من جديد:
واحد
ثلثة
أربعة
خمسة
صديقاتي العاشقات
سقطت في الجب
نبوءتي
أكل الذئب الطفلة
ومنع الخوةل البرا لر
يوسف من النزول إلي
مد النبي الذي أحبني
يده إلى طائر فر من شعري
ينذر بعودة المغول،
عادوا والراية على جباههم
تقطر وحل.
وحدها العاشقة
ظلت تتمسك بالسقف بينها وبين النبوءة
أصابعها والحبل
وعلى الحافة قدم تتوسل
النزلق.
سكبت ماء الوضوء
على وجوه صدئة
من أجل صلواتها
يواصل ا البكاء عليهم
هم التقاة
أمام تماثيل س توتسها أناملهم
الثمة.
نجاة العدواني
Ich werde mich nicht beugen
Die Erde trauert um Männer, die Herrscherstatuen formten aus ihrem Lehm
und eigenhändig
die Schwerter schmiedeten,
mit denen man ihnen den Kopf abschlug,
als sie aufbegehrten.
Ich hasse Geschichte,
die nach Tyrannei riecht,
sagte sie.
Kaum war ich geboren,
brachte mir Großmutter, eine Berberin,
das Zählen bei.
Seither zähle ich Finger und Zehen,
nähe Epoche an Epoche,
sehe dabei meine Ahnen.
Sie winken mir zu mit verstümmelten Händen,
die Finger haben ihnen
die Ratten des Palastes abgenagt,
als sie die Steuern nicht zahlen wollten.
Fortan mit Stümpfen
pflanzten sie weiterhin Palmen ein.
Nun ich – hier -
habe von ihnen den Ungehorsam geerbt,
beiße mir auf den Zeigefinger,
um mich stets zu erinnern an ihr Vermächtnis.
Meine Mutter wäscht sich das Gesicht jeden Tag so oft sie betet.
Trotzdem wird das Tattoo,
das ihre Knochen prägt, grün und grüner.
Mutter bittet Gott um Schutz
im Diesseits und im Jenseits, doch ihr Gewand zerreißt,
und ein alter Schmerz tritt zutage.
Die Tattoonadel
sticht ein in ihre geknebelte Seele.
Auf ihrer Stirn lese ich
die Namen aller Frauen,
die man lebendig begraben hat.
Mutter,
bereits zu Lebzeiten mumifiziert,
dreht den Kopf nach rechts und grüßt,
dreht den Kopf nach links und murmelt einen Fluch,
dann schaut sie zum Himmel,
sagt „Amen“,
und Regen prasselt herab.
Inzwischen bin ich über vierzig
und zähle nach alter Gewohnheit immer noch.
Ich zähle die Menschen, die mir am Herzen liegen,
finde sie aber nicht.
Ich zähle mein Hab und Gut,
aber es verflüchtigt sich,
ehe ich es in den Händen halte.
Ich tröste mich mit einem Hoffnungsschimmer,
aber meine Wünsche bellt die Enttäuschung an.
Es ist mir niemals in den Sinn gekommen,
die Spinnen zu zählen,
die über meine Träume herfallen
und mein Inneres
in einen Brennofen verwandeln,
in dem sich meine Unschuld das Leben nimmt.
Wieder zähle ich an den Fingern ab:
eins
drei
vier
fünf.
Freiheitsliebende Freundinnen,
meine Verheißung
ist in den Brunnen gefallen,
der Wolf hat das Mädchen gefressen,
die rechtschaffenen Brüder haben Joseph davon abgehalten,
zu mir herabzusteigen.
Der Prophet, der mir zugetan ist,
griff nach einem Vogel,
als er aus meinem Haar aufflog,
und sagte die Rückkehr der Mongolen voraus.
Sie kehrten tatsächlich zurück,
an der Stirn,
schlammtriefend, ihre Fahne.
Nur die Liebende,
hält sich beharrlich an der Zimmerdecke fest,
zwischen sich und der Verheißung
nichts als ihre Finger und das Seil,
am Abgrund ein Fuß,
den es in die Tiefe zieht.
Sie gießt das Wasser für die rituelle Waschung
über rostige Gesichter.
Dank ihrer Gebete
trauert Gott noch immer um sie,
die Frommen,
die Statuen huldigen.
Statuen,
die sie selber geformt haben mit sündigen Fingern.
Aus dem Gedichtband: „Wer hat meinen Schatten gestohlen?“, Oktober 2010.
Aus dem Arabischen von Leila Chammaa