Sandra Trojan

um uns arm zu machen

Keine Locken habe ich gehabt
um uns ein Gewand zu weben
einzig Fäden & auch das Netz
aus frischen Sehnen zwischen
unsern Wirbelsäulen zum
Trocknen aufgehängt hielt kaum
länger als die Bronzeketten
& das Surren unter meinen
Rippen hat nur für kurze Zeit
den Honig dir versüßt & bloß
der Fuchsschwanzdocht in
meiner Metahöhle leitet noch
das Licht, wenigstens zu einem
meiner Augen & trotzdem –
Bis gegen Mitternacht lass ich
dich schlafen, nehm erst dann
die beiden Flügeltüren
samt der Pfosten und reiß sie
mit dem Querbalken heraus.
Kannst in Delilah dich verlieben
derweil ich unser beider
Richter bin für zwanzig Jahr.

Für ein blaues Spinett

Du brachst die Kreuze dreier jungen Russen
die dich auf Flüchen nach hier oben hievten
verstimmt, zerkratzt und unnachahmlich blau
stehst du seitdem da und fängst verklemmt
den Staub in leere Partituren ein.

Wie Bachs Klavier fehlt es dir an Dynamik
Pedal links immer unten flüsterst du
die Gigue des Emigranten unterm Dach.

Ich spiele was ich kann, beinah genug
um einen Schein von Gabe zu erwecken
und füge mich den Musicaux der Flucht.

Das Klavier kann nichts dafür, dass
es ein Klavier ist. Du kannst nichts
dafür, dass du kein Klavier bist.

Du und ich, wir werden trotzdem weiter
Schubertianer sein, ob es auch leblos
wie lateinische Vokabeln klingt.

Wenn ich in Bienen spreche

meine ich Unschärfe, Murmeln
Nektar am Mund. Und wenn ich in
Birnen spreche, in Äpfeln, in Zellen
in Kisten, von Zungen zerfressen
in Zungen, in Menschen, meine ich
Menschen:Schwärme gestempelt
innen & außen, ein Bienentanz
und damit meine ich: Bienentanz.

 

alle Texte aus: Um uns arm zu machen. poetenladen 2009