Lydia Daher

WAS WIR BRAUCHEN

Es reicht für den Anfang
eine Balkonszene.
Und Zeit, die sich dehnt.
Ein paar Details, unwichtig welche.
Vielleicht kommst du auch vor.

Die Modernität deiner Melancholie
in fälligem Licht.

Wahrscheinlich lässt sich bald
darüber schreiben.
Es wäre verlogen und warm.
Und nicht anders
vorstellbar.

TESTGELÄNDE, TAGESMELDUNG

Russland hat drei Satelliten verloren.
Sie stürzten unweit von Hawaii ins Meer
und kreisen nun in einem Strudel Plastikschrott.

Wie oben, so unten,
das alte kosmische Gesetz.

Wie du weißt,
ich hege gewisse Sympathien
für die Metaphern des Untergangs.
Für alles, was wir ins
Nichts schicken können.

Raubtiernacht, sagen die einen.
Gute Nacht, sagen die anderen.
Und immer schneller vergrößert
der Raum sich.

Raum, der sich spannt von mir zu dir.
In welchem wir trinken und Pläne haben
von sehr weit unter uns bis an den Himmel,
der neu entsteht
in jedem Moment.

So träumen wir an abgerundeten Tischkanten
auf einer tektonischen Platte
im frischen Rauschen
der Frequenzen.

Und ist es nicht merkwürdig,
dass ausgerechnet wir
hier sitzen, unter den vollen Regalen des Himmels,
mit wohlsortierten Bewegungen, in diesem
besonders privilegierten Universum,

in dem es Radios gibt
und Samstagnächte?

WAS WIR BRAUCHEN

Es reicht für den Anfang
eine Balkonszene.
Und Zeit, die sich dehnt.
Ein paar Details, unwichtig welche.
Vielleicht kommst du auch vor.

Die Modernität deiner Melancholie
in fälligem Licht.

Wahrscheinlich lässt sich bald
darüber schreiben.
Es wäre verlogen und warm.
Und nicht anders
vorstellbar.

(aus: Insgesamt so. diese Welt, Voland & Quist, 2012)