lyrik
Sabina Lorenz __ Abend, offen // Gewebe übern Tag gespannt // Gewächs, gebunden


Abend, offen


In den Straßen wächst Licht (take your time), tröstlich
bunte Einkaufstüten und bunte Kinder, sagt sie, Namen
im Mund, Luxus für alle im Lidl. So entstehen Räume.
Nach hinten raus gibts Brot von gestern, kaum
ahnt man wie sicher die Landschaft geworden ist. Und
unter der Linde, Lidl-Linde, sagt sie, parken tröstlich
bunte Wagen, Baumtraum, sagt sie, also
Parkplatz, Menschen, Einkaufstüten, ob das
wohl für Linden ewig sei, und wie lang
für Linden ewig sei, also ewig, sagt sie, ewig also
ist genauso, als ob es das nie gegeben, sagt sie
eine Zigarette lang, dann erlischt das Licht (take
away) übern Samstagabendparkplatz, nach hinten raus
ist die Linde eine sichere Geliebte. Den Ort zu bleiben
gibts dort auch.

___________________________________________________________sabina lorenz


Gewebe übern Tag gespannt


Knirschend der Tag im Sonnenlicht, Licht
starre, aber der Staub, der Staub
sagt sie, und wie die Stadt zur Legowelt
zusammenschnurrt (System mit Noppen)
Minifigs in den Straßen, entblößte
Menschen (also die Gesichter. Wie vor
gebleckten Zähnen). Keine Geheimnisse.
Dafür Sonderangebote bei Lidl, deutscher
Spargel in Dildogröße (kleiner Dildo, sagt sie
würde reichen), und die Alte, die ihn
in die Tasche schiebt (etwas zurückerobern
für einen Moment) bis Bulldoggen
zuschnappen. Festbeißen, ja
was haben wir denn da, und der Staub
der Staub, sagt sie, als ob eine Stampede

___________________________________________________________sabina lorenz


Gewächs, gebunden


Ineinandergeschobene Gespinste, diese
Begrenzungen: begradigte Wucherungen
der Reihenhaushecken.

(Das Hundsgebell. Die Reviere.) Bulimische Mädchen

paßgenau zwischen Thujen gepreßt, Haut
wie Seide, Sommertyp, nach Typberatung
als angenehm gedacht. Versteckter

Fleck, und: Haut die zweite

vom Geträumten angehäuft, girl loves boy.
Bravo. Fleck weg. Versteckt. Führerschein
mit achtzehn und dann ab die Post, und

ein paar Halbe. Angemessen. Die Tränen (endlich)

von Thujen verschluckt, und Stimmlage (es gibt
keinen Ersatz für die Stimmlage) ein Fleck
im schuppigen Grün: über Samt streichen, ach

Herbsttyp. Mädchen (welch Hunger, welch Wort) und sie

als ein Loch im Leib, das es zu stopfen gilt, mein
Raubzug, mein heimliches Versteck: Blutwurst
Herz und Leber, sie und Kuß und boy

(was die frißt!), was übrig bleibt (sie

brennend) von Thujen einverleibt, und Galle, Spucke
Tränen. Sie. Dies als ein Loch im Heckendunst.
Gebunden. An guten Tagen.