Birgit Müller-Wieland (D)

Es ist immer wieder ein Fest

Wenn wir endlich aus dem Ozean
kriechen den Seeungeheuern
entronnen den Urtiefen dem letzten
Grund entkommen dem ewigen
Dunkel wo kein Atem möglich kein
Denken ist nirgends ein Halt nur
Schweigen Stille aus Beton kalt  kalt 
kalt dort unten Not

Lichter von Staatsquallen
Kettenpolypen Riesenasseln
Abgeordnetenkammer der Tiefseemonster
Augen Spähaugen Teleskopgeglotze
Chitindemokratie im Finstern
stochern seit Beginn aller Zeit
kommen wir fragen wir uns davon
wer wird ihm jemals entfliehn

Dem Unterweltkönig Gottschwammkörper
Zyklopenblick Speichelspur
mythischen Baumeister des Jetzt - 

Alles keucht schwitzt hetzt
aufs rettende Land  - Wurmfortsatz! 
Schrein wir nach hinten – Popanz!
Algenschaum! Wasserwitz!

Und meinen Schuppenschwanz, den schlitz
ich auf wie alle nun am Strand der Aufgewachten
herrschen muntere Messer ein wilder Tanz
zuckt Fisch wird Fleisch spuckt Blut
und unsre Füsse stolpern immer besser

Über den Sand mit seiner frischen Flut
über all den grauen Glanz

Flugschnee

So wie das Sofa alles weiß und speichert
und mit den Jahren schuppiger wird,

werden auch die Fenster sich mit Schlieren
überziehen, bald.

Das Dach, wir hörn es knistern, als wär es schon Papier,
hält an uns fest, fragt sich, wie lange

in den Fugen noch die Füße frösteln und Finger
über Tasten gleiten, Flugschnee, piano possibile.

Manhattan – Flug

Madame Liberté war von oben betrachtet
eine Schachfigur Arm hochgestreckt

als bitte sie um Hilfe ihre Mitspielenden schon
im Hudson ertrunken oder im Himmel

angekommen wie wir in unserm Touristen-
Helikopter gespiegelt vom UNO –

Hauptquartier ein verzerrtes
um sich kreisendes Knatter-Insekt