• Schamrock Dichterinnen

Nora Gomringer (CH/D)


*1980, Schweizerin und Deutsche. Sie lebt in Bamberg, wo sie das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia seit 2010 leitet.

Gomringer schreibt Lyrik, rezitiert und liest preisgekrönt vor.

Zuletzt wurden ihr der Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache (2011) und der Joachim-Ringelnatz-Preis (2012) verliehen.

Seit 2000 hat sie fünf Lyrikbände und eine Essay-Sammlung bei Voland & Quist veröffentlicht.
2014 ist sie die offizielle Stadtschreiberin von Helsinki.

www.nora-gomringer.de

Nora Gomringer über ihre Klasse an der Schule für Dichtung Wien:

"(...) das sprechen in zungen, das portrait des gedankenwortes, der keks des glücks, die bewegung des gemüts und das übersetzen der sinne werden thema. dazu zungenbrecherische versprechen und lange kopfundkragenundbauchreden zum besseren verständnis."

Infos und Anmeldungen für die Kurzklasse "lyrik & larynx – das über-setzen von schrift in ton und bild und arbeitsprozesse anderer art" am 20.Oktober 2014 unter

http://sfd.at/gomringer

Die Lesung von Nora Gomringer in München am Freitag um 20 Uhr wird moderiert von Pia-Elisabeth Leuschner

"Drei fliegende Minuten unplugged" von Helga Pogatschar mit Texten von Nora Gomringer
am Freitag um 21 Uhr, Wagenhalle Pasinger Fabrik

*1980, Swiss and German. She lives in Bamberg, where she is the director of the International Artists House Villa Concordia since 2010.

She writes and recites poetry. Among her awards are the Jacob-Grimm-Prize German Language (2011) and the Joachim-Ringelnatz-Prize (2012).

Since 2000, she has published five volumes of poetry and a collection of essays at Voland & Quist. In 2014 she has been appointed the official city writer of Helsinki.

Monster & Mädchen

 

Ich bin das Mädchen
bin das Mädchen
das Mädchen bin ich
das du sortiertest
du sortiertest mich
es blieb mir nichts
nichts blieb mir

übrig bin ich

wer ich jetzt bin
ich jetzt bin
wer ? fragst du mich
ich war das Mädchen
war das Mädchen
das Mädchen war ich
sortiert hast du mich

so spricht das Monster

das Monster bin ich

Baby

 

Im ersten Jahr soll es
möglichst
viel schlafen, viel werden.
Was in es gefüllt wird,
soll Spuren hinterlassen,
es aufbauen, vergrößern, erweitern.
Gegen das Verheerendste
werden Spritzen aufgezogen
– sieh da, das Vögelchen! –
die Nadel vom Arzt in den Arm gerammt.
Die erste massive Enttäuschung,
denn die Mutter
blicket stumm.
Am Ende des ersten Jahres
werden Schritte fällig, auch ein Wort.
Es darf den Vergleich nicht scheuen
Mit den anderen Miniaturen.
Erste Verhandlungen über Besitz
und Abstoßung, die Kraft der Gesten
und die Magie der Gesichtszüge
führen ins zweite Jahr.
Das Baby erhält einen Namen,
wenn es eindeutig blau oder rosa geworden ist.
Dann erst lohnen sich die Verurteilung
des Storches, der Griff unters Kohlblatt,
die vollen neun Monate Ungewissheit:
Fisch oder Vogel. Es ist immer
ein Ding der Unmöglichkeit.

Im ersten Jahr soll es
möglichst
viel schlafen, viel werden.
Was in es gefüllt wird,
soll Spuren hinterlassen,
es aufbauen, vergrößern, erweitern.
Gegen das Verheerendste
werden Spritzen aufgezogen
– sieh da, das Vögelchen! –
die Nadel vom Arzt in den Arm gerammt.
Die erste massive Enttäuschung,
denn die Mutter
blicket stumm.
Am Ende des ersten Jahres
werden Schritte fällig, auch ein Wort.
Es darf den Vergleich nicht scheuen
Mit den anderen Miniaturen.
Erste Verhandlungen über Besitz
und Abstoßung, die Kraft der Gesten
und die Magie der Gesichtszüge
führen ins zweite Jahr.
Das Baby erhält einen Namen,
wenn es eindeutig blau oder rosa geworden ist.
Dann erst lohnen sich die Verurteilung
des Storches, der Griff unters Kohlblatt,
die vollen neun Monate Ungewissheit:
Fisch oder Vogel. Es ist immer
ein Ding der Unmöglichkeit.