Esther Ackermann (CH)
Anja Bayer (D)
Anna Breitenbach (D)
Yolanda Castaño (Galizien)
Zehra Çirak (TR)
Ann Egan (IR)
Karin Fellner (D)
Ingrid Fichtner (CH)
Heike Fiedler (CH)
Anja Golob (SLO)
Nora Gomringer (CH)
Andrea Grill (D)
Sonja Harter (A)
Theresa Hahl (D)
Andrea Heuser (D)
Christine Huber (CH)
Sarah Ines (D)
Birgit Kempker(CH)
Odile Kennel (D)
Augusta Laar (D)
Alma Larsen (D)
Swantje Lichtenstein (D)
Sabina Lorenz (D)
Dacia Maraini (I)
Friederike Mayröcker (A)
Birgit Müller-Wieland (A)
Cliona O‘Connell (IR)
Masako Ohta (J/D)
Brigitte Oleschinski (D)
Pelin Özer (TR)
Judith Pfeiffer (A)
Tamara Ralis (D)
María Reimóndez (Galizien)
Asta Scheib (D)
Wanda Schmid (CH)
Kirsti Simonsuuri (FIN)
Helena Sinervo (FIN)
Diana Syrse (MEX/D)
Yoko Tawada (J/D)
Patti Trimble (USA)
Gabriele Trinckler (D)
Johanna Venho (FIN)
Carmen Wegge (D)
Gunna Wendt (D)
Barbara Yurtdas (D)
Troubadour / Auszug
Das Leben in Wahrheit
hat viele Löcher
sind sie lebendig
sammeln sie dich
ohne Vater, geboren
dich nicht rächen
am Paradies
und am König lieben
was ihm fehlt
so kommst du raus
aus deinem Versteck
denn wer nicht kommt
wird nicht geliebt
Ich sterbe, ich vermische
mich mit dem, was mir fehlt
ich will dein Herz
umgarnen, es hat sich
in mein Leben gemischt
vor ewigen Jahren
machte dort Sachen
ich will es wieder haben
mein Herz ist nicht bei mir
ich liebe die
die es auch nicht sind
ich liebe sie leichter
als die zuhause
wo ich auch nicht bin
wenn ich mich Hand in Hand
mit dem Herzen verhalte
verwirren mich die vielen Lagen
meines Lebens zwischen den Blüten
im Palimpsest
doch ungehütet strahlen meine Löcher
kein Wächter bewacht sie
keine Kulturmethode
Dünge meine Tulpen im Hochbeet
schiebe die Erde zwischen
Buchstaben
will nie mehr lesen
bis du reinschneist in mein Leben
damit ich nicht die Falsche erwische
träume von zärtlichen Wesen
am Tag steht in der Luft
was ich von dir weiss
geschrieben
das wird erst geboren
du fragst: Catman
hast du ein Gefäss
bereit dich zu sammeln?
ich heisse nun Catman
Ich laufe den Berg hoch
aus einem fremden Haus
zu einem rosa Container
Elekroabfall, Stromkabelstab
vor mir die Stadt und der See
neben mir Büchner
hinter mir Joyce
alte Frau auf Nebenbank
kratzt sich die Füsse
hinter ihr das edle Forschungsinstitut
der Geisteswissenschaften, Tarnung?
oder Geschichte, meine?
ich entwirre den Stab und gewinne
Strähne für Strähne Kupfer
bieg sie zum Kranz auf der Bank
leg ihn aufs Bett, im Tal
Catman ist betriebsbereit
(…)
schwerer sturz
auf meinem schreibtisch in
meinem schlafarbeitszimmer
sind ablagen zu erhöhungen
sind hügel berge hochgebirge
hochgewachsen zu T Ü R M E N
in erheblicher höhe haben sie
sich vor mir aufgetürmt:
aufschriebe schriftsachen
schreibwaren alle möglichen
unterlagen mit auflagen
anschreiben und abschreiben
einschreiben! freundliche
zahlungserinnerungen mit
unfreundlichen fristen
eingaben abgaben
vereinzelte kontoauszüge
einnahmen ausgaben
an- und überweisungen
to do-listen und -lasten
alte bis noch ältere ausdrucke
normal schnell in graustufen
kopien kopien drucksachen!
liebes- droh- und dramamails
mit höchster priorität - zu spät!
verblaßte verfaxte faxblätter
zeitungsausschnitte zitate
irgendwann notwendigste notate
unwiederbringliche handschriften
erste entwürfe letzte fassungen
entworfen und verworfen:
pläne zeichnungen visionen
in dreidimensionalen versionen
dokumentationen verlorener
illusionen …
vor gebrauch genau zu lesende
bedienungsanleitungen ebenso
noch ungelesene beipackzettel
mit haupt- und nebenwirkungen
lebensrettender medikamente
kochrezepte kiloschwindel-
leichte abnehmkonzepte
lesezeichen karteikartenleichen
bußgeldbescheide strafzettel
auslandskrankenscheine
pensionskassenbelege rente
nicht gezahlte alimente
bescheinigungen zeugnisse
unwiederbringliche dokumente
tot-tot-traurige testamente …
türme an türmen sich türmten
eine skyline vor dem horizont
der fensterfront! - eines tages
war die erde erbebend? hat
den turm links den linksaußen
nach vielen stabilen jahren
das gleichgewicht verlassen
und statt die übersicht ruhe
zu bewahren kam er ins
wanken wankte schwankte
und sankte mit einem seufzen
und wolken von staub in die
schlucht zwischen schreibtisch
und bücherregal – wo war ich?
lag ich im bett und hörte das
seufzen das schwere stöhnen
und wars mir egal?
wartete ich daß die wolke
der fallout sich legte wenn
ich mich nicht bewegte
stillsteif taubblind im bett?
stand ich auf? etwas später
und starrte erstaunt in den
abgrund wo sich nichts mehr
regte kein blatt sich bewegte
die seite die ich kaum kannte
vom linksaußen rechts die
seitenseite sah ich oben liegen
wie er paßte! paßgenau in die
schlucht sich eingepaßt hatte
wie gemacht für den platz!
wie ein keil war er zwischen
zwei wände getrieben - auch
in den nächsten tagen war es
um ihn ruhig geblieben und
blieb es da unten
bis in alle zeit (und ewigkeit)