Esther Ackermann (CH)
Anja Bayer (D)
Anna Breitenbach (D)
Yolanda Castaño (Galizien)
Zehra Çirak (TR)
Ann Egan (IR)
Karin Fellner (D)
Ingrid Fichtner (CH)
Heike Fiedler (CH)
Anja Golob (SLO)
Nora Gomringer (CH)
Andrea Grill (D)
Sonja Harter (A)
Theresa Hahl (D)
Andrea Heuser (D)
Christine Huber (CH)
Sarah Ines (D)
Birgit Kempker(CH)
Odile Kennel (D)
Augusta Laar (D)
Alma Larsen (D)
Swantje Lichtenstein (D)
Sabina Lorenz (D)
Dacia Maraini (I)
Friederike Mayröcker (A)
Birgit Müller-Wieland (A)
Cliona O‘Connell (IR)
Masako Ohta (J/D)
Brigitte Oleschinski (D)
Pelin Özer (TR)
Judith Pfeiffer (A)
Tamara Ralis (D)
María Reimóndez (Galizien)
Asta Scheib (D)
Wanda Schmid (CH)
Kirsti Simonsuuri (FIN)
Helena Sinervo (FIN)
Diana Syrse (MEX/D)
Yoko Tawada (J/D)
Patti Trimble (USA)
Gabriele Trinckler (D)
Johanna Venho (FIN)
Carmen Wegge (D)
Gunna Wendt (D)
Barbara Yurtdas (D)
Gestern war alles schöner
Gestern wohnten wir anderswo und
trugen andere Sachen,
dachten nicht ans Wetter,
wir machten sogar Honig!
Unsere Bienen unterschieden wir am Flug
von denen des Nachbarn, der Geschmack
ihres Honigs hing noch lange in der Luft
des düsteren Herbsts. Gestern vertaten wir
die Zeit nicht mit Gedanken an die Zeit, die wir
lebten, wir hockten nicht still in der Ecke,
hielten keine Münzen in der Hand wie
Hostien … Gestern erkannten wir im Spiegel
unsere Gesichter, unsere Gesten,
unsere Gedanken und Worte. Sie gehörten uns,
unveräußerlich, zart, aber fest, beweglich
in den Gelenken. Sie trugen unseren Namen.
VČERAJ JE BILO VSE LEPŠE
Včeraj smo stanovali drugje in
nosili druge oprave,
nismo razmišljali o vremenu,
celo med smo pridelovali!
Svoje čebele smo v letu ločili
od sosedovih, okus njihovega medu
je vztrajal v zraku še dolgo
v temotno jesen. Včeraj nismo tratili
časa z razmišljanjem o času, ki
ga živimo, nismo tiho ždeli po kotih,
v dlaneh nismo stiskali kovanca kot
hostije … včeraj smo v ogledalu
prepoznali svoje obraze, svoje geste,
svoje misli in svoje besede. Bile so naše,
neodtujljive, nežne, a čvrste, v sklepih
gibljive. Nosile so naše ime.
Heute ging die Sonne spät auf,
zu spät, um zurück ins Gestern
zu flüchten, so zu tun, als würden wir hier,
wo wir jetzt wohnen, alle kennen,
bestens wissen, wie man mit Maschinen
umgeht, wen man anruft, wenn es brennt,
wie man zum Krankenhaus kommt und wie
zum Hafen … Heute haben wir das Gefühl,
vielleicht Einen zu haben, aber Einer ist
genau einer zu wenig, um sagen zu können,
wir hätten überhaupt jemanden.
Weil wir gestern anderswo wohnten,
ließen wir dort unser ganzes Hab und Gut;
so können wir hier und heute nicht mehr
vor der eigenen Haustür kehren. Wir wollen
unsere Namen an die Tür schreiben, Dämme
festigen, wir wollen unsere eigene Kreide,
unsere eigene Kehrichtschaufel haben.
Dortgestern und Hierheute stehen nebeneinander,
zwei Fremde in einer Schlange am Flughafen,
die warten, dass die Asche sich legt und
jeder in seine Maschine steigen kann.
Dortgestern bringt von der Reise eine Zeitung mit
und Hierheute eine Streichholzschachtel.
Wir warten, wir haben es nicht eilig. Wenn sie
zurückkehren, sind wir gerettet.
Hier, wo wir heute wohnen, machen wir
ein winziges Feuer. Seine ungeschickte Flamme
leckt uns einen wackligen Steg
in die stockfinstere Nacht
zwischen Heute und Gestern.